Professor Johannes Berthold im Gespräch       (Hören Sie hier das Interview nach)

oase-des-gemeinsamen-lebens.de:
Herr Professor Berthold, Sie haben uns ein Referat gehalten zum Thema "Getauft leben nach Römer 6".  Was heißt denn eigentlich "getauft leben", wie kann man das zusammenfassen?

Prof. Berthold: Die Taufe ist für mich kein magisches Geschehen, sondern sie ist ein "hinein taufen" in die Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus.  Paulus sagt: Wir leben mit ihm, wir sind mit ihm begraben und wir stehn mit ihm auf in ein neues Leben. Die Taufe ist also ein personales Geschehen und "getauft leben" heißt aus dieser Beziehung zu Christus her leben. Das ist das allerwichtigste. Im Grunde ist es ein Leben aus seinem Wort und aus dem Gebet, aus dem täglichen Gespräch mit ihm. Dann kann die Taufe erst richtig ihre Kraft entfalten.

oase-des-gemeinsamen-lebens.de: Wie hängen "Taufe" und "Glaube" zusammen? Es gibt ja immer wieder Diskussionen, die versuchen das zu trennen oder man sagt, der Glaube reiche aus um das ewige Leben zu bekommen.

Prof. Berthold: Die Taufe ist für mich im Tiefsten ein Wortgeschehen. Christus, Gott spricht Ja zu einem Menschen. Aber dieses Wort, von Gott her zuerst gesprochen, sucht meine Antwort, mein Ja. Das entspricht wieder diesem personalen Charakter. "Auch der Mensch hat sein Dasein im Wort", wie ein berühmter Philosoph einmal gesagt hat und Gott wartet auf dieses Gespräch. Insofern ist dieses Ja des Menschen eine Form des Vertrauenes und des Glaubens. Eine Taufe ohne Glaube, hat Luther gesagt, ist in sich nichts wert. Das heißt: Die Taufe wird immer auf Glauben hin geschenkt. Das unterscheidet sie von irgend einem magischen Ritual, dass in sich selbst wirkt. Der Mensch soll im Vertrauen auf dieses Wort mit Gott leben.

oase-des-gemeinsamen-lebens.de: Wir beurteilen Sie die Kindertaufe? Auch hier wird ja immer wieder betont, man müsse sich selbst entscheiden um Christ sein zu können. Welcher Zusammenhang besteht da?

Prof. Berthold: Diese Selbstentscheidung ist ja etwas richtiges. Natürlich muss der Mensch auch Gott gegenübereine Entscheidung treffen. Aber die Kindertaufe hält fest, dass unsere Entscheidung nicht das Erste ist, sondern, dass Erste ist die Entscheidung Gottes zu uns. Sein Ja geht unserem Ja vorran. Ich denke, die Kindertaufe  macht deutlich, dass wir zu unserem Heil nichts tun können. Es bleibt Geschenk. Wie kann das deutlicher werden, als das ein Kind die Taufe empfängt, was überhaupt nichts bringen kann, was nichts geben kann, was nichts denken kann. Das ist für mich das wichtigste Symbol dessen was wir Gnade nennen. 

oase-des-gemeinsamen-lebens.de: In Ihrem Referat haben Sie oft die Begriffe "Rechtfertigung" und "Heiligung" verwendet. Können Sie diese noch einmal erklären und ihren Zusammenhang deutlich machen?  

Prof. Berthold: Beides ist Ausdruck derselben Gnade. Die Gnade hat zu einen den vergebenden Charakter, den rechtfertigenden Charakter. Der Mensch wird angenommen so wie er ist: Brutto. Und dann ist da noch die andere Hälfte der Gnade, nämlich die Gnade, die den Menschen verwandelt. Das nennt die Bibel "Heiligung". Sie lässt den Menschen nicht so wie er ist, sondern bringt ihn auf einen Weg der Verwandlung. Das ist ein langer Prozess, ein lebenslanger Prozess und beides gehört zusammen: "Rechtfertigung" und "Heiligung". Beides ist auch nicht unser eigenes Werk, auch die "Heiligung" ist nicht unser eigenes Werk, sondern Geschenk von ihm, dass wir täglich annehmen müssen um daraus zu leben.

oase-des-gemeinsamen-lebens.de: Die EKD hat das Jahr 2011 zum "Jahr der Taufe" erklärt. Was kann man von dieser Initative erwarten, was wünschen Sie sich das danach bleibt?

Prof. Berthold: Ich finde das erst einmal gut, dass man Menschen auch auf die Taufe hin anspricht, als das Grundlegende Heilsereignis, indem deutlich wird: Gott sagt Ja zum Menschen. Ich wünsche mir das neben der Taufe zugleich Nachfolge verkündigt wird. Wer also ein Ja sagt zur Taufe, auch ein Ja zur Kindertaufe, der muss zugleich Nachfolge predigen, dass dieses Geschenk der Taufe im täglichen Leben auch wie ein Päckchen ausgepackt und sich angeeignet werden kann. Annsonsten bliebe es rein "formal" und dann würde der alte Vorwurf von Dietrich Bonhoeffer zutreffen, die Kirche predige nur eine billige Gnade. Es bleibt aber eine teure Gnade, auch das Geschenk der Taufe bleibt eine teure Gnade und deswegen: Taufe und Nachfolge Christi.

oase-des-gemeinsamen-lebens.de:

Herr Professor Berthold vielen Dank für dieses Gespräch.

Bildquelle (Prof. Berthold: http://tinyurl.com/cq7qv8o (DER SONNTAG))